28. Nov, 2018 | Zur Übersicht
Sag mir was du liebst und ich sage dir wer du bist.
„Gnothi Seautón“ – Am Tempel des Apoll in Delphi war in der Antike schon der markante Spruch zu lesen „Erkenne dich selbst!“ Friedrich Nietzsche hat ergänzt: „Werde, der du bist!“ Das ist wohl auch der erste Schritt in der Markenführung. Zu wissen, wer man ist, was man will – wohin die Reise gehen kann, bevor der erste richtungsweisende Schritt gesetzt wird. Welche Gefühle will man wecken? Wofür stritt man ein, welche Gefühle will man wecken? Love-to-be-thrilled? Love-to-be-cool? Love-to-be-smart?
Vorerst noch ein kurzer Ausflug in die Welt der Gefühle aus der Sicht der Hirnforschung: Im Gehirn wird zwischen implizitem und explizitem System unterschieden, wobei das implizite das evolutionär ältere System darstellt und für Emotionen, Sinneswahrnehmungen, Automatismen etc. zuständig ist. Es regelt die nonverbale Kommunikation und ist laut Harvard Professor Gerald Zaltman für 95 Prozent der Kaufverhaltens-Steuerung zuständig. In diesem Zusammenhang sprechen wir von implizit, wenn wir unbewusst oder automatisiert und daher auch sehr schnell entscheiden.
Das explizite System oder der Pilot bezeichnet das nachdenkende Arbeitsgedächtnis, das sinnerfassend denkt und die Zukunft plant. Die Antworten des impliziten und expliziten Systems zu gleichen Fragestellungen klaffen oft extrem auseinander, da sie andere Assoziationen zeigen. Ein perfektes Beispiel dazu bietet Fast Food, das in expliziten Fragestellungen schlecht wegkommt, implizit jedoch stark an das Belohnungssystem andocken und daher äußerst positive Markenwerte erzielen.
„Implizite Einflüsse auf unsere Urteile und unser Verhalten können besonders schädlich sein, weil sie auftreten, ohne dass uns das bewusst wird. …()… Gerade die Tatsache, dass wir uns der Quelle der Beeinflussung nicht bewusst sind, macht uns anfällig für mentale Verunreinigungen“. Im impliziten System, das durch seine Anbindung an das Limbische System zusätzlich eine soziale Komponente erhält, wird die Bedeutung des gesamten Kommunikationsmusters umgesetzt und soll daher im Optimalfall einen sozialen Mehrwert bieten.
Die emotionale Bewertung von Produkten läuft also weitestgehend unbewusst ab. Abgesehen davon, dass sich Beeinflussung dadurch oft unserer bewussten Kenntnis entzieht, gibt es drei positiv zu bewertende Gründe, warum sich das Gehirn nicht die Mühe macht, das Bewusstsein in die Entscheidungsfindung zu integrieren:
- Die Reaktionen können wesentlich schneller erfolgen, was in Gefahrensituationen von Vorteil ist.
- Emotionale Präferenzen aus der Erfahrung heraus werden wesentlich schneller und einfacher getroffen als Wiedererkennungs-Handlungen.
- Bewusstsein braucht extrem viel Energie. Im Sinne der körpereigenen Ressourcenschonung fördert es die Sicherheit und kann anderweitig genutzt werden.
Emotionen und Intuitionen
Unbewusst und emotional gehen meist Hand in Hand. Doch Emotionen haben klarerweise auch einen bewussten Anteil, der meist mit dem Gefühl gleichgesetzt wird. Gefühle lassen sich nicht vermeiden oder abstellen. Wie kann man sie aber greifen, messen und nutzen?
Descartes mit seinem Ausspruch „Ich denke also bin ich“, vertrat die These, dass körperliche und psychische Prozesse stets voneinander getrennt zu betrachten sind. Antonio Damasio setzte demgegenüber sein 2002 erschienenes Buch „Ich fühle also bin ich.“ Darin bezeichnete er die körperlichen Reaktionen, die mit Emotionen untrennbar verbunden sind, als „somatische Marker“. Diese sind auf Grund ihrer unbewussten Auslösung nur sehr begrenzt erfassbar. Sie ermöglichen uns jedoch den Zugang zu einer objektiven Emotionsmessung.
Emotionen manifestieren sich auf drei Ebenen: Als subjektive Erfahrung, körperliche Veränderungen und Verhaltensauswirkungen. Diese Emotionstrias sollte immer holistisch betrachtet werden und im Optimalfall als Verhaltensauswirkung zum Kauf, zu Empfehlungsverhalten und zu Markentreue führten.
Bestenfalls lösen Marken also Emotionen aus, von Liebe und Leidenschaft bis zu Vertrauen oder Zweifelbeseitigung.